Immobilienerbe | 20. Januar 2023
Um die Regeln zur Besteuerung von Immobilienerbe herrscht zurzeit einige Aufregung. Grund dafür ist das neue Jahressteuergesetz 2022, das am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist. Potenzielle Erben und Erblasser fürchten durch das Gesetz einen massiven Anstieg der Erbschaftssteuer. Derzeitige und künftige Immobilienbesitzer sollten sich jedoch nicht allzu sehr von der medial verbreiteten Panik anstecken lassen, denn wen die (indirekte) Steuererhöhung betrifft, hängt vom Bewertungsverfahren für die Immobilie ab. Und hier bleibt auch einiges beim Alten.
Darum geht es: für die Festsetzung der genauen Höhe einer Erbschaftssteuer wird der Wert des Erbes zugrunde gelegt. Dazu zählt auch die Bewertung geerbter Immobilien. Je höher die Immobilienbewertung, desto höher die darauf zu zahlende Erbschaftssteuer. Bisherige Praxis war es, die Bewertung niedriger anzusetzen, als es heute kosten würde, die Immobilien zu bauen oder zu kaufen. Das heißt, im Grunde genommen wurde bislang ein historischer und nicht der aktuelle – angesichts der aktuellen Entwicklung von Baukosten und Immobilienpreisen derzeit höhere – Wert der Immobilie zugrunde gelegt. Das ändert sich durch das Jahressteuergesetz 2022. Zumindest bei zwei der möglichen Bewertungsverfahren.
Je nach Art und Nutzung der Immobilie kommen vier unterschiedliche Bewertungsverfahren zur Anwendung, nämlich Sachwertverfahren, Ertragswertverfahren, Bodenrichtwertverfahren oder Vergleichswertverfahren. Während beim Sachwertverfahren der amtliche Bodenrichtwert sowie die Herstellungskosten der Gebäude auf einem Grundstück als Berechnungsgrundlage dienen, berechnet sich der Wert beim Ertragswertverfahren aus dem zu erwartenden Ertrag in Kombination mit dem Wert der Immobilie. Anders beim Vergleichswertverfahren: hier sind die Verkaufspreise ähnlicher Immobilien maßgeblich. Beim Bodenrichtwertverfahren ist der amtliche Durchschnittwert für Grundstücke innerhalb einer bestimmten Region entscheidend.
Nur bei Sach- und Ertragswertverfahren wirkt sich die neue Regelung steuerhebend aus.
Grund dafür ist die Anhebung des sogenannten „Sachwertfaktors“, also vereinfacht gesagt dem Verhältnis von gängigen Kaufpreisen zu den vorläufigen Sachwerten von Immobilien. Dieser Faktor wird bei der Immobilienwert-Berechnung nach dem Sachwert- und dem Ertragswertverfahren angewendet. Der Sachwertfaktor dient dazu, den vorläufigen Sachwert einer Immobilie an die aktuellen Marktbedingungen (beispielsweise an einen über dem vorläufigen Sachwert liegenden Verkaufswert) anzupassen. Je höher der Faktor, desto höher also der ermittelte Immobilienwert.
Bisher lag der Faktor für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen zwischen 0,5 bis 1,5. Ab 2023 soll er zwischen 0,8 und 1,8 liegen. Immobilien, die mithilfe des Sachwertfaktors bewertet werden, werden demnach künftig deutlich teurer sein – und damit auch die zu entrichtende Erbschaftssteuer. Ein Rechenbeispiel: ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 220 Quadratmetern Wohnfläche und einer Grundstücksfläche von 770 Quadratmetern wird vererbt. Nach altem Bewertungsmodell hätte sein Wert bei 487.000 Euro gelegen, ab Januar steigt er jedoch auf 785.000 Euro. Bei einem Steuerfreibetrag von 400.000 Euro wären früher also 87.000 Euro, ab Januar jedoch stattdessen 385.000 Euro zu versteuern. Die Erbschaftssteuer stiege von 9.625 auf 57.855 Euro, das heißt: um das Sechsfache.
Bei Wohnimmobilien wird jedoch in der Regel das Vergleichswertverfahren angewendet – sie sind dann von der Änderung nicht betroffen. Es ist also ratsam, nicht in Panik zu verfallen und sich stattdessen über seine Rechte zu informieren und davon Gebrauch zu machen. Nutzen Sie die Freibeträge bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer rechtzeitig, denn diese wurden trotz steigender Immobilienpreise seit 2009 nicht mehr angehoben. Prüfen Sie außerdem frühzeitig, ob Ihr Haus nicht von der Erbschaftssteuer ausgenommen ist. Fakt ist: für eine teure Immobilie in einer guten Lage wird in den meisten Fällen Erbschaftsteuer anfallen. Keine Erbschaftssteuer wird jedoch fällig, wenn es sich bei der geerbten Immobilie um das „Familienheim“ handelt. Diese Regelung betrifft Eltern, Ehepartner und Kinder und ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Worin diese bestehen und weitere Fragen rund um das Thema Vermögensnachfolge, klären die Expertinnen und Experten der LAUREUS AG PRIVAT FINANZ mit Ihnen gerne in einem individuellen Beratungsgespräch.
Peter Deußen
Vermögensberater
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