Nachlass | 06. Juli 2022
Wer bekommt was, wenn ich einmal nicht mehr bin – und wer soll bei der Regelung meiner Angelegenheiten welche Aufgaben übernehmen? Diese und ähnliche Fragen muss sich irgendwann jeder einmal stellen. Inzwischen existieren auch zahlreiche digitale Angebote rund um die Vermögensnachfolge. Doch Vorsicht: Neben einigen Vorteilen lauern bei solchen Offerten auch Nachteile.
Nur etwa ein Viertel aller Deutschen hat ein Testament verfasst oder einen Erbvertrag geschlossen. Und selbst da, wo ein Testament vorhanden ist, tun sich oft Probleme auf: Studien zufolge weisen 80 bis 95 Prozent aller selbstverfassten Testamente Fehler auf. Das ist weder im Sinne des Erblassers noch im Sinne der Hinterbliebenen, für die dadurch mehr Aufwand und schlimmstenfalls sogar Erbstreitigkeiten entstehen können. Die Nachlassregelung sollte daher sorgfältig geplant und verschriftlich werden. Dabei spielen immer häufiger auch digitale Dienstleister eine Rolle. Solche E-Services bieten interessante Vorteile, doch den Gang zum Notar können sie meistens nicht ersetzen.
Ob Testament-Erstellung, die Verwaltung wichtiger Daten und Passwörter oder die Bereitstellung von Dokumentenvorlagen für die Notfallplanung – für die Nachlassplanung bieten zahlreiche Online-Dienstleister ihre Services an. Die Vorteile dieser Online-Angebote: Die Nutzer können je nach Art der Dienstleistung wichtige Unterlagen in eine Internet-Daten-Cloud hochladen, relevante Passwörter hinterlegen oder online per Mausklick ihr Testament erstellen. Auch die eigene Bestattung kann so bereits zu Lebzeiten geplant werden. Kontakt- und Vertrauenspersonen können auf diesem Wege ebenfalls benannt werden. Diese werden im Falle des Todes des Nutzers informiert und erhalten dessen Zugangsdaten, um seine Vorsorgeentscheidungen einzusehen.
Weitere Pluspunkte der digitalen Angebote: niedrige Kosten, einfache Bedienbarkeit und der ortsunabhängige Zugriff auf wichtige Dokumente und Passwörter. Doch Vorsicht: Interessenten sollten die Angebote vorab genauesten prüfen. Denn nicht immer entsprechen online erstellte Dokumente den rechtlichen Vorgaben und auch die Sicherheit hinterlegter Unterlagen ist nicht überall ausreichend gewährleistet.
In der Regel funktionieren Online-Services mittels einer Software, die weitgehend automatisiert auf Basis von Algorithmen operiert. So wird beispielsweise das digitale Testament automatisch generiert, indem der Nutzer zunächst einen Online-Fragebogen ausfüllt. Basierend auf den gewählten Antworten und unter Verwendung der eingegebenen Daten, erstellt das Computerprogramm dann einen Text, den der Testament-Ersteller anschließend handschriftlich abschreiben und unterschreiben muss.
Das Prinzip wirkt auf den ersten Blick simpel und praktisch. Doch der Teufel liegt wie so häufig im Detail. Um bei dem Beispiel der Testament-Erstellung zu bleiben: Zur korrekten Beantwortung der Fragen im Online-Formular, ist oft viel juristisches Detailwissen notwendig. Nur wenige Anbieter erläutern diese Details für den Laien verständlich und im ausreichenden Umfang. Ist das Testament in der Folge missverständlich formuliert, kann das dazu führen, dass es nicht dem Willen des Erblassers gemäß ausgeführt wird. Enthält das Dokument Formfehler, wird das Testament schlimmstenfalls sogar ungültig.
Angebote zur Dokumenten- oder Passwortverwahrung in einer Daten-Cloud wirken ebenfalls auf den ersten Blick vorteilhaft: man kann jederzeit von jedem Ort der Welt aus kurzfristig auf wichtige Informationen zugreifen. Im Sterbefall kann das vor allem dann hilfreich sein, wenn die Angehörigen nicht am selben Ort leben oder berufsbedingt viel unterwegs sind. Die Banken und Versicherungen des Verstorbenen können so auch aus der Ferne informiert und laufende Verträge gekündigt werden. Aber: Digitalen Passwort- und Dokumentenmanagern sollten Nutzer nur dann vertrauen, wenn die Anbieter das Thema Datenschutz ernst nehmen. Dazu gehört unter anderem die Einhaltung der Datenschutzgrundverordnung. Zu klären ist auch, was mit den Daten passieren wird, falls das Unternehmen hinter der Cloud den Besitzer wechseln sollte. Gerade junge Startups werden im Laufe der Zeit oft von größeren Unternehmen aufgekauft. Diese sitzen nicht selten im Ausland, wo andere Datenschutzregeln gelten als in Europa.
Grundsätzlich sollten Nutzer sich zudem die Frage stellen, auf welche Weise die Anbieter von der Bereitstellung ihrer Services profitieren. Hinter den unterschiedlichen Online-Angeboten stecken oft Startups. Aber auch Versicherungen, Versicherungsmakler, Finanzdienstleistungsinstitute oder Vertreter der Bestattungsbranche stellen Services für die Nachlassplanung zur Verfügung oder stehen als Finanzierungspartner im Hintergrund. Viele dieser Dienstleister bieten ihre kostenlose oder kostengünstige Plattform als eine Art Lockangebot an, um für weitere kostenpflichtige Angebote – beispielsweise Kontakte zu Anwälten und Steuerberatern oder den Abschluss einer Versicherung – zu werben. Das Sammeln von Kundendaten kann ein weiteres Interesse von Anbietern insbesondere kostenloser Angebote sein.
Doch auch bei kostenpflichtigen Services lohnt es sich, Kosten und Nutzen abzuwägen: Angebote, die unter anderem einen Cloudspeicherplatz zur Verfügung stellen, gibt es für Privatpersonen im Abo für ein paar Euro monatlich. Doch auch bei einem monatlichen Abo-Preis von nur 5 Euro kommen über zehn, 20 oder mehr Jahre Gesamtbeträge im höheren drei- oder gar vierstelligen Bereich zusammen. Einmalige Kosten für Services zur Testament-Erstellung wiederum können durchaus im dreistelligen Bereich liegen. Letzteres ist je nach Höhe des eigenen Vermögens günstiger als die Dienstleistung eines Notars in Anspruch zu nehmen – birgt aber auch mehr Risiken.
Trotz aller Bedenken lohnt es sich, die Entwicklung bei den digitalen Dienstleistungsangeboten im Bereich der Vermögensnachfolge künftig weiter zu verfolgen. Mit digitalen Angeboten zur Vermögensverwaltung hat sich inzwischen ein Trend etabliert, der wohl anhalten wird.
Digitale Lösungen können den Kunden bei der Verwaltung ihrer Daten und Passwörter eine mögliche Unterstützung bieten. Der Bequemlichkeitsfaktor beim Nachlassmanagement per Iphone oder Tablet ist zudem hoch. Dennoch sollte man sich bewusst sein, welche Daten man im Internet wem gegenüber preisgibt. Unsicherheiten bei der Dokumentenerstellung können zudem nur Fachpersonen endgültig ausräumen. Am Ende gilt also immer: Eine Online-App ist kein virtueller Notar. Das vertrauensvolle Gespräch und die Beratung mit dem Notar ist und bleibt bis auf weiteres unersetzlich.
Auch die Beraterinnen und Berater der LAUREUS-AG PRIVAT FINANZ stehen Ihnen und Ihren Angehörigen gerne bei allen Themen rund um die Vermögensnachfolge zur Verfügung. Aus Erfahrung wissen wir, dass die meisten Menschen sich nur ungern mit Themen rund um die Vergänglichkeit und Notfallvorsorge beschäftigen. Eine frühzeitige Regelung gibt jedoch ein gutes Gefühl, wichtige Angelegenheiten geregelt zu haben. Von generationenübergreifenden Anlagestrategien, über die Wahl geeigneter Vorsorgeregelungen bis hin zur Erstellung Ihres persönlichen Notfallordners: unsere Expertinnen und Experten unterstützen Sie dabei, Schritt für Schritt Ordnung in das Thema Nachfolge zu bringen.
Michaela Moll
Leiterin Marktdirektion SÜD
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